Irgendwie hatten wir ja schon gar nicht mehr daran geglaubt, dass sich heuer noch eine Hochtour mit den Bikes ausgeht, so instabil das Wetter laufend war und soviel Schnee wie es in der Höhe gab. Auch an diesem Wochenende Ende August wär‘ es beinahe wieder nicht’s geworden. Endlich passt das Wetter optimal, da sind natürlich die Hütten voll. Und wenn 100 Schlafplätze belegt sind, ist es vielleicht auch gar nicht so empfehlenswert, mit den Bikes auf genau diesen Berg zu gehen. Lieber noch einmal verschieben, dachten wir und die Tour dann bei Gelegenheit unter der Woche machen…
Ich hatte da aber noch einen anderen Berg ins Auge gefasst. Auch fast 3500 Meter hoch, eisfrei und befahrbar – vermutlich. Er zählt sicher zu den höchsten befahrbaren Gipfeln in Österreich und endlich hatten wir ein geeignetes Wochenende für eine Befahrung gefunden. Also gleich in der Hütte anrufen und einen Schlafplatz für uns reservieren. Denkste! Die Hütte hat kein Telefon und die Reservierung kann nur im Tal bei einem Hotel per Fax erfolgen. Für die Bestätigung der Hütte ist es bereits zu spät. Also sende ich einfach auf gut Glück das Fax ab, denn bereits am nächsten Tag starten wir abends in Richtung Hütte, ungewiss ob und wo wir in der Hütte schlafen können. Beim rauftreten flüstert mir Maschtl – etwas durch die Blume gesprochen – zu, dass er sich Fotos im Internet vom Berg angesehen hat und der Steig breit und fad aussieht. Offenbar weiß auch Tom schon bescheid, denn der zaubert justament eine Ersatztour aus dem Ärmel. „Nit ganz 3400m der Gipfel und laut Google Earth schaut die Abfahrt geil aus“. Mir kommt das alles irgendwie suspekt vor… Als die beiden merken, dass ich ein wenig gekränkt bin, da ich mich schon ein Jahr auf diesen Gipfel gefreut habe, kommt Maschtl mit einen Vorschlag: „Dann machen wir halt beide Gipfel!“. Der Vorschlag findet sofort Zustimmung bei uns und gleich werden Pläne geschmiedet: Um 4:00 Uhr früh aufstehen und den ersten Gipfel zum Sonnenaufgang. Dann retour zur Hütte, Essen und weiter zum zweiten Gipfel, überschreiten und im nächsten Tal raus und retour zum Auto. Die Straße, die wir dann wieder heim fahren müssen, ist bis 19:00 Uhr gesperrt weiß Martin. Wegen eines Radrennens. Also würde das zeitlich eh gut passen.
Der Beschluss wird gefasst: Morgen gibt’s zwei Dreitausender und für Tom und mich bereits den zweiten Sonnenaufgang in dieser Woche, da wir Dienstags am Großglockner schon einen erleben durften. Allerdings ohne Bike 🙂 Die Eckdaten der Tour werden völlig außer acht gelassen. So als ob das alles nicht’s wäre: In Summe etwas mehr als 2000Hm (!) das Bike rauftragen (inkl. Rucksack mit Film- bzw. Kameraausrüstung sind das 30-35 Kilo), ca. 2500 Hm Abfahrt und eigentlich ist das ganze eine Rundtour, bei der ein langes Tal zurück gefahren werden muss.
Kurz vor 20:00 Uhr treffen wir bei der Hütte ein. Wir legen gleich unsere Alpenvereinsausweise hin, in der Hoffnung, damit unsere Chancen auf ein Bett zu erhöhen. Unsere Namen sind gelistet und als uns das Zimmer 5 zugeteilt wird, breitet sich ein breites Grinsen auf unseren drei Gesichtern aus! Yes! Im Lager schlafen wär‘ mein Alptraum gewesen, da wir ja bereits um 4:00 Uhr früh aufstehen wollen. Abendessen, dann noch alles für morgen vorbereiten, bereits um kurz nach 22:00 Uhr liegen wir im Bett mit Daunenbettdecke 🙂
Ein Kikerikiiiii reißt mich aus dem Schlaf. Der Wecker meines Handy macht schon eigenartige Geräusche. Es ist 4 Uhr und ich hab vielleicht gerade mal 3 ½ Stunden geschlafen. Ich hätte abends doch kein Cola mehr trinken sollen. Auch Maschtl jammert, dass er schlecht geschlafen hat. Tom’s Schlafgeräusche waren ihm zu laut. Der hat übrigens sehr gut geruht! Na Super!
Wir sind die ersten in der Hütte die auf sind und bereits 15 Minuten später starten wir los. Als wir um 7:15 und 1000Hm höher am ersten Gipfel stehen, scheint uns bereits die Sonne angenehm ins Gesicht. Jedesmal ein Erlebnis so ein Sonnenaufgang auf den Bergen. „Und jetzt Frühstück auf 3500 Meter!“ ruft Maschtl. Der Ausblick ist ein Hammer! Rund um uns herum blicken wir auf Gletscher hinab. Jawohl hinab! Noch nie waren wir mit unseren Bikes auf einem höheren Berg.
Die Abfahrt ist dann wider erwarten doch anspruchsvoll. Verblocktes Gelände, wie in dieser Höhe üblich, lädt zum tricksen ein. Es wird fotografiert und gefilmt und irgendwann am späteren Vormittag landen wir zufrieden wieder bei der Hütte. Als es nach einer Rast und Stärkung weiter geht, ist es bereits Mittag.
Jetzt nochmals gute 800Hm das Bike zum zweiten Gipfel schleppen. Das fühlt sich schon wesentlich zacher an und wir sind um jede Pause, die wir im Abstand von 200Hm machen, sehr froh. Am Gipfel zeigt sich, dass wir auch hinten runter nochmals 150Hm tragen müssen. Zu verblockt und zu ausgesetzt das Gelände. Google Earth war wohl wieder mal zu ungenau was Tom?! Doch das was dannach auf uns zukommt, entschädigt für alle Mühen. Ein Trail wie aus einem Traum! Teils verblockt, teils flowig, eingefasst von Gletschern auf beiden Seiten geht es aus einer Höhe von rund 3200 Metern talwärts. Da stört auch das Aufziehen eines Gewitters nicht. Im Gegenteil! Getrieben von den Wolken, Nieselregen und gelegentlichem fernen Donnergrollen, geben wir ordentlich Gas um rasch ins Tal zu kommen. Das bringt zwar wenig bis kaum Fotos von dieser Passage, uns dafür aber einen ordentlichen Adrenalinschub und Spaß ohne Ende. Eine Stunde früher als geplant, treffen wir am Parkplatz ein. Müde aber überglücklich. Jetzt wissen wir, dass auch 2000Hm Tragepassagen mit voller Ausrüstung „kein Problem“ sind. Doch wer auf solchen Touren noch seinen Spaß mit uns hätte? Viele wird es da wohl nicht geben…
Als ich am Montag früh ins Büro komme, liegt das Antwort Fax des Hotels auf meinem Schreibtisch: „Alle Zimmer voll, nur mehr Lager möglich“ heißt es da kurz und bündig. Glück gehabt! 🙂