Felix erklärte uns während der Hinfahrt im Auto noch irgendwas von Druckverteilungen in 9 Kilometern Höhe und eingelagerten feuchten Luftmassen, die für das labile Wetter verantwortlich seien sollen. „Entweder es bleibt schön und den ganzen Tag trocken, oder – wenn wir Pech haben – ist es 20 Kilometer weiter schön“ und wir haben auf gut Deutsch ein Donnerwetter. Was für uns Leihen oft wie ein unprofessionelles Ratespiel klingt, gehört für die Meteorologen zu den undankbaren Aufgaben ihres Jobs: im wahrsten Sinne unberechenbare Wettersituationen wie sie dieser Tage herrschen.
Um in diesem Pokerspiel zumindest einen Trumpf zu besitzen, beschlossen wir früh zu starten, um am frühen Nachmittag wieder im Tal zu sein. Bereits um 4:15 Uhr riss mich deshalb das unnötige Weckerpipsen aus dem Schlaf, keine Stunde später hoben wir unsere Ausrüstung in Maschtl’s neuen Bus. Wir drei wollten heute eine Tour, die weder hoch hinauf führen, noch sehr weit sein soll. In Summe etwas über 1400HM ist die Runde lang und auf 2300 und ein paar zerquetschte Meter ü.d.M. liegt der höchste Punkt. Felix hatte die Runde ausgesucht und wir waren zu Beginn noch etwas skeptisch, ob die Abfahrt durch den Talkessel nicht zu leicht werden wird. Doch erstens kommt es anders… (es hat uns früher als erhofft volle Kanne eingeschifft) …zweitens als man denkt (ich kam trotz aller Vorsätze erst um ca. 20:00 Uhr wieder zu Hause an). Für mich die Bestätigung, dass früh Aufstehen für die Katz ist. Der Tag wird auf unseren Touren so oder so immer bis zum äußersten ausgenutzt.
Wenn ich nun näher darüber nachdenke fällt mir auf, dass auch sonst gar nicht viel eintraf von dem, was geplant war. Das Wetter, die Zeit,… hervorragend war jedoch, dass sich auch die befürchtete leichte Abfahrt nicht bewahrheitete. Im Gegenteil: selten zuvor hat mich eine Tour so geschafft wie die heutige.
Anspruchsvoll – sehr anspruchsvoll!
Vielleicht liegt meine unsagbare Müdigkeit die ich jetzt nach der Tour empfinde aber auch an den vielen Adrenalinschüben die ich heute hatte. Soll ja nach Abklingen der bekannten Wirkung zu Erschöpfung und Zufriedenheit führen… Doch ich bin nach wie vor überzeugt: Die jahrelange Kletterpraxis von Maschtl und Felix hatte den beiden heute einen entscheidenden Vorteil beschert: Die ganzen 1400HM Abfahrt hatten Trialkarakter. Immer aktiv am Rad arbeiten war angesagt, Körperspannung aufbauen und gut ausbalancieren, dabei nie zu langsam werden, um im tiefen Kalkschotter nicht zu weit einzusinken, oder an einem größeren Stein hängenzubleiben und vorüber hart abzusteigen. Schmerzhaft sowas!
Zum Glück gar nicht schmerzhaft, verliefen meine zwei Brezn während dieser Tour, obwohl beide absolut sehenswert waren:
Die Erste, bergauf! Eine Premiere. Maschtl und Felix stützten sich auf Ihren Bikes vor lauter Lachen. Eine glitschige Regenrinne versetzte mein durchdrehendes Hinterrad gut einen Meter und verursachte einen„Highsider“ par excellence.
Die zweite Brezn gab’s dann bergab bei einer S4/G4 Stelle. Mit mehr Glück als Verstand, konnte ich mich beim Abgang übers Vorderrad gerade noch mit beiden Händen am Wegrand festhalten, sonst wäre es seeehr schmerzhaft geworden. Ich weiß nicht, wer blasser war, ich oder Felix der daneben stand und mein Bike vor dem drohenden Absturz rettete. Maschtl jedenfalls filmte seelenruhig weiter. Tolles Videomaterial sag ich nur!
Auch der Weg retour zum Auto verlief nicht planmäßig. Das wären nochmals eineinhalb Stunden Fahrt im Bilderbuch-Gewitterregen gewesen. Felix könnte mir nun sicher die Millimeter Regen pro Minute sagen, verdammt nass war’s jedenfalls.
Spontan statt Plan lautete dann auch die Devise, als wir das Infohäuschen fanden. Patschnass doch nun zumindest im Trockenen, warteten wir auf „1 Kind Tom“ (vielen, vielen Dank an dieser Stelle!), der Maschtl zurück zum Bus brachte und uns so die lange Weiterfahrt im Regen ersparte. Die Wartezeit von Felix und mir beim besagten Infohäuschen, war dann gezeichnet von spontanen Kreativitätsausbrüchen, umgesetzt in Form von einigen wirklich interessanten Fotos…
Langer Rede, kurzer Sinn: So verrückt das für Nichtbeteiligte klingen mag, war diese Tour gerade wegen allem was spontan und unerwartet eintraf, mit eine der Besten in dieser Saison. Und nein, wir sind nicht verrückt! Das bestätigte uns nicht zuletzt ein sehr freundlicher Wanderer heute: „Ich hab bisher immer geglaubt, mit den Radln auf solchen Steigen zu fahren ist nur verrückt. Doch wenn ich Euch so zuschau’…beeindruckend was ihr da machts…“.