Da heuer wieder keine Fernreise am Programm stand, wollte ich viele und lässige Touren im Urlaub machen. Im letzten Winter hab ich mir auch endlich mal die Mühe gemacht, Biketouren rauszusuchen und aufzuschreiben. Ist ein toller Zeitvertreib. Kartenmaterial am Boden ausbreiten und los geht’s. Daher mangelte es uns nicht an Ideen in den letzten Wochen. Tour für Tour wurde umgesetzt, bis wir zu diesem Monster kamen.
Touren selber aus den Karten rauszusuchen, birgt so manches Risiko, denn man weiß ja schließlich nie, ob der Berg dann auch wirklich rentabel ist. Die Geländeneigung allein sagt ja zum Beispiel noch nichts darüber aus, ob der Trail sehr verblockt, zugewachsen, oder generell „fahrbar“ ist. Und das mit dem „fahrbar“ ist außerdem ein ziemlich dehnbarer Begriff. Trotz Skala von S1-S5, wird „fahrbar“ oft ganz individuell beurteilt. Stone zum Beispiel neigt dazu, wenn er eine Stelle geschafft hat, zu den verbleibenden Kollegen rauf zu rufen: „das geht schon! Nix dabei“. Manchmal verraten ihn davor aber schon seine ächzenden Geräusche, die einen beinahe Sturz ankündigen. In dem Fall wird dann seine Aussage mit Gelächter unsererseits quittiert. Genauso oft habe ich aber auch schon sehr böse Überraschungen erlebt, wenn ich selbst die „nix dabei“ Stelle meistern wollte. Wenn er aber eine Passage mal nicht schafft, ist diese automatisch nicht fahrbar und hardcore. Also am besten immer selber überzeugen und nicht auf das verlassen, was andere sagen. Doch zurück zu unserem Monster:
Zu diesem Gipfel ließ ich mich beim Landkarten studieren von den vielen Bergseen in der Gegend verleiten. Macht sich immer gut auf Fotos und außerdem bieten die Seen oft eine willkommene Abkühlung wenn’s allzu heiß hergeht. Bald hab ich dann auch zwischen all den Klettersteigen eine Auffahrtsmöglichkeit zu der Hütte gefunden. Bewirtschaftete Hütten sind sehr praktisch, denn die helfen Platz im Rucksack zu sparen. Statt der Jause kann dann ein Objektiv mehr eingepackt werden. Von der Hütte sind’s dann nur mehr 600 Höhenmeter bis zum Gipfel. Insgesamt kamen wir bei dieser Tour auf knappe 1000 Höhenmeter, die wir das Bike tragen mussten. Der Rest konnte gefahren werden. Easy! Was uns dann vor Ort aber wirklich überraschte, war die Ausgesetztheit und der extrem schroffe Kalkfelsen.
Der Drache war zu wild für uns!
Schon lange gab es keine Tour mehr, wo wir das Bike nicht bis zu Gipfel getragen haben. Hier war es dann nicht anders möglich, als das Bike in der Mitte des Bergrückens stehen zu lassen. Einige seiner Zacken konnten wir noch erklimmen, doch leichte Kletterstellen haben es schließlich unrentabel für uns gemacht. Auch wurden wir bereits zuvor von mehreren Bergsteigern gewarnt, dass das Gelände zu extrem für solche Aktionen wird. Und mehrmals hörten wir die Aussage, dass es verwunderlich sei, dass dieser Steig nicht als Klettersteig in den Karten eingezeichnet ist. Andere fragten uns interessiert, ob wir einen Film drehen, oder was wir hier mit den Rädern wollen? Eigentlich hatten die es ja eh richtig erkannt, denn Stone nahm natürlich seine Kamera mit, um für unseren neuen Film Szenen zu drehen. Wir kletterten also ohne unser Werkzeug zum Gipfel, genossen kurz das Panorama und stiegen dann wieder 100 Höhenmeter ab, wo wir uns auf die Abfahrt vorbereiteten.
Der Drache wehrte sich:
Die ersten Höhenmeter waren wieder einmal die schwierigsten. Doch was das hier von anderen Touren unterschied, war die extreme Ausgesetztheit. Links und rechts vom Steig fielen senkrechte Wände 200 Meter in die Tiefe. Ein Fehler würde fatal enden. Risikobereitschaft war hier eindeutig fehl am Platz. Nur solange wir uns sicher fühlten, durfte gefahren werden. “Wenigstens ein paar Fotos Stone!“ Also versuchte Maschtl ein paar Passagen zu fahren. Sogar Spitzkehren hat er auf dem fiesen Rücken des Drachen gemeistert. Einige Stufen waren dann aber doch zu hoch und wurden übergangen. Wir wollten ja schließlich noch weitere Touren im Urlaub genießen.
Der Drache forderte seine Opfer:
Ganz ohne Opfer ging es dann aber doch nicht vorbei. Meine Fototasche samt Reserveakku und Speicherkarte (zum Glück leer) stürzten über die Felswand ab. Keine Chance auf Rettung! Später übersah ich dann noch einen Stein, der mir mein rechtes Ausfallende wegriss. Das Schaltwerk baumelte zwischen den Speichen und ich sah mich schon 1300 Höhenmeter das Bike ins Tal tragen. Doch Stone hat zum Glück immer ein Reserve Ausfallende mit dabei, seit ihm ähnliches vor einem Jahr passierte. Scheint eine Schwachstelle am Cheetah Bike zu sein!
Als wir schließlich die Einsattelung erreichten, blickten wir nochmals zurück und sahen die stolze Silhouette des Drachen. Nichts kann dieses Monster erweichen. Wir waren sehr froh, dass keiner als Sieger in diesem Kampf hervorging und machten uns auf Richtung Tal. Auch hier wurde es nochmals sehr anspruchsvoll. Steil, rutschig und in vielen Spitzkehren ging es abwärts. Doch nun fühlten wir uns bereits in Sicherheit und entsprechend souverän kamen wir Schlüsselstelle für Schlüsselstelle weiter. Erst im Tal erkannten wir, wie ausgesetzt auch hier noch das Gelände war. Unglaublich was inzwischen alles „fahrbar“ geworden ist…