Eines muss hier schon auch mal erwähnt werden. Die Trails die wir befahren, enden fast nie dort, wo das letzte Foto einer Tour entstanden ist. Oft beginnen sie sogar erst dann richtig spaßig zu werden. In unseren Berichten, wird also für gewöhnlich nur die halbe Wahrheit gezeigt (oder noch weniger). Diesmal zum Beispiel haben Matze und ich nach dem letzten Foto weitere 1300 Hm bergab vor uns, 1100 davon auf Singletrails vom allerfeinsten (teils kniffelig, teils schnell). Es folgt eine Downhill Passage, wo wir uns 220mm Federweg und Doppelbrückengabel wünschen werden, ich reiße später noch eine Brezn in einen schmalen Bach (es wird mir aber nix passieren), einmal verkoffern wir uns, weil wir bereits von ganz oben einen anderen Trail genommen haben, als geplant war und wir dadurch 200Hm lang die Fortsetzung des Trail suchen werden und einige lässige Filmsequenzen warten auch noch auf uns.
Das was in diesem Bericht hier gezeigt wird, dokumentiert also nur die lächerlichen 1900Hm, die wir in Summe hinauf treten und tragen mussten, sowie 600Hm vom bergab Teil (gerademal ein knappes Drittel also). Na gut: das einzige was diesmal positiv zu erwähnen bleibt ist die Tatsache, dass jener preußische Urlaubsgast dokumentiert werden konnte, der den etwas vorwurfsvoll klingenden Satz aussprach: „…da wird es nun aber schon etwas kraxelich!“ (Anm. eines Anwesenden: die beurteilte Stelle entspricht etwa S2/G2 und ist am Ende der Forststraße – also dem Beginn der Tragepassage vorzufinden). Aber warum wird dem/der werten Leser/in eigentlich soviel vorenthalten? Dafür müssen die Phasen einer Abfahrt näher erleutert werden.
Die Abfahrt von einem Gipfel kann in folgende Phasen unterteilt werden:
• Die Aufwärmphase: Oft sind die ersten Meter einer Abfahrt die schwersten. Zum einen, weil die Gipfelregion eines Berges entweder ausgesetzt oder stark verblockt ist, zum anderen weil wir, meist beobachtet von vielen Augenpaaren, auf Anhieb zeigen müssen, dass es nicht sinnlos war 20 Kilo Rad und 14 Kilo Rucksack 1000Hm rauf zu koffern. Im Hinterkopf bleibt damit steht’s der Satz „bloß nicht blamieren…“. Vielen Leuten bleibt der tiefere Sinn unseres Sports ja verborgen. Wenn man dann noch auf den ersten Metern vor aller Augen stürzt oder nix da’fahrt, dann wird sozusagen Benzin ins Feuer der Gehässigkeit geschüttet und all die Unwissenden sehen sich bestätigt: „shame on you, Mr. BikeHiker!“. Gleichzeitig bietet man mit einer saftigen Brezn den Foto- und Filmleuten wertvolles Material zur späteren allgemeinen Belustigung. Daher sollte die Zeitspanne der Aufwärmphase gleich null sein. „Vom ersten Meter voll dabei und 100% geben“ lautet die Devise.
• Die Photophase: Parallel mit der/den Aufwärmphase/n gibt es jenen Teil der Abfahrt, der im freien Gelände – also über der Waldgrenze – erfolgt. Hier können die Fotografen und Kameraleute die besten Aufnahmen mit vergleichsweise geringem Aufwand erzielen. Beinahe alles wirkt fotogen. Der Nachteil für den Fahrer: Der „Flow“ wird – wie der Name ja schon andeutet – mit jeder _Fotopause_ unterbrochen. Dannach folgt also immer wieder eine kurze Aufwärmphase. Dieser Teil der Abfahrt wird meistens mehrmals bewältigt und bildet somit auch einen kausalen Zusammenhang mit dem sogenannten Tom’schen Faktor (Bet.: mehr Höhenmeter als ursprünglich geplant). Frei nach dem Motto der Kameraleute „na des is nix g’worden, bitte no amol“.
• Die Genussphase: Der Hochwald kommt. Foto’s rentieren sich hier fast nie. Der Trail kann hier noch so schwer sein, das kommt auf den Aufnahmen einfach nicht rüber (horizontaler Bezugspunkt fehlt), außer man betreibt enormen Aufwand beim Fotografieren, bzw. Filmen (viele Blitze, die richtige Perspektive, die richtige Körpersprache des Fahrers, usw.). Also besser: Trail genießen und in einem Fluss durchfahren. Der Lernfaktor in diesem Teil ist: für die Fahrer enorm, für die Film- und Fotoleute gleich null.
• Die kritische Phase: Zwei Drittel der Abfahrt sind geschafft. Bedeutet bei langen Touren, so um die 1200-1500 Hm bergab haben wir hinter uns. Der Trail lässt schön langsam etwas lockerer. Er ist also bei weitem nicht mehr so schwer wie zu Beginn, aber trotzdem noch Tricky. Die Konzentration lässt etwas nach und umso schneller passieren Fehler. Hier zu stürzen endet oft schmerzhaft, da man nicht mehr so gefasst, dafür aber sehr schnell unterwegs ist. Aufpassen!
• Die Schlussphase: von mir auch als „Dissoziative Phase“ bezeichnet. Das Wesen dieses Teiles eines Trails kann mit drei Worten beschrieben werden: schnell, anstrengend, volle spaßig. Das eine Ich sagt: „Ich kann nicht mehr“ und das andere meint „weiter so! vollgas! Yeah, Spaß!“. Man ist bereits hundemüde, fegt meist recht flott (natürlich auf halbe Sicht) durch den Wald und es macht einfach nur noch Spaß! Ein Sturz wird meistens nur noch von den Anwesenden registiert, nicht aber vom Fahrer selbst („was? I bin g’stürzt? Wo??“).
Auch auf die Gefahr hin, dass ich nun geächtet, verstoßen, maltretiert, zensuriert, etc. werde: Die ganze Wahrheit der Berichterstattung hier, musste doch mal gesagt werden! Das sind wir unseren LeserInnen schuldig! Und desh..b w..rde i.. a… in Zukun.t darü… …. ….