„Ist schon (!?) halb sechs, aufstehn!“ spricht eine Männerstimme höflich aber bestimmt in den dunklen Raum. *RRUMMMS* bin ich wach. Wo bin ich? Gefangenenlager? Entführung? Nö, dafür lieg ich zu bequem und ich glaub da herrscht ein anderer Umgangston.
Langsam dämmerts mir: ach ja, ich hab ja beim Chris übernachtet. Werner und ich sind am Vorabend aus München bzw. Landsberg angereist, um die Anreise zum heutigen Tourziel zu verkürzen.
Schon wieder solls heute über 3000m gehen. Beste Wetteraussichten lassen mich trotz der unchristlichen Uhrzeit dann doch relativ schwungvoll ausm Bett gleiten.
Kaum angezogen und abmarschbereit, hört man draussen auch schon Maschtls Biking-Hiking-Diesel-Bus klackern. Wow, wie pünktlich der Maschtl sein kann wenn eine Knallertour wie die Heutige ansteht 😉
Schnell ist alles eingeladen und los geht’s. Ich schlafe noch bischen auf der Rückbank, Frühstück gibt’s später unterwegs frisch vom Bäcker.
Ganz schön frisch isses am Startort der Tour, auf 1800m. Ein paar fast ebene km haben wir zum einrollen, ehe Rad und Reiter die Rollen vertauschen. Etwas über 1300hm Tragen steht auf dem Programm, eigentlich eine lösbare Aufgabe … eigentlich.
Bis zur Hütte geht’s flott voran, immer mehr Kleidungsstücke wandern in den Rucksack und die Sonne treibt bald das letzte Frösteln aus den Gliedern.
An der Hütte dann eine gemütliche Pause, vielleicht etwas zu gemütlich und lang. Danach gehts bei mir nämlich irgendwie nur noch mit halber Kraft bergan … bleischwere Beine.
Weil alleine vor sich hinjammern langweilig und auf Dauer auch nervig ist, bin ich froh dass der Chris und ich uns wenigstens gegenseitig bemitleiden können. Beim Chris sinds nicht die Beine die lahmen, es ist das Kreuz bzw. die Schultern die schmerzen.
Kein Wunder eigentlich, bei DEM Gewicht dass er regelmäßig den Berg raufwuchtet! Bike 20kg, Rucksack mit aufwändiger Fotoausrüstung ca. 13kg, macht summa summarum 33kg!?
Dicken Respekt mal an der Stelle an alle Fotographen (und natürlich Filmer) unter den Bikebergsteigern. Ohne Euch gäbs kein großes Kino in Form von tollen Bildern bzw. Videos. Das Fotografieren scheint eine sehr fesselnde Faszination zu sein. Die meisten Fotografen mit denen ich schon unterwegs war, sehen die Stellenwertverteilung Biken/Fotografieren im Bereich 50:50! Das erklärt dann wohl auch warum man freiwillig ca. 5kg Mehrgewicht im Rucksack in Kauf nimmt…
Zurück zum Aufstieg: Ca.100hm unterm Gipfelkreuz holen wir Maschtl und Werner ein und dann schon wieder das „Kreuz mit dem Kreuz“: Mit Bike machts eigentlich wenig Sinn, aber Gipfelkreuze haben irgendwie doch eine magische Anziehungskraft. Maschtl und ich wuchten die Bikes also doch noch bis (fast) ganz hoch. Chris und Werner lassen die Bikes unterhalb der langen seilversicherten Stelle liegen.
Am Gipfelkreuz sind dann alle (Kreuz-)Schmerzen vergessen und wir genießen die sensationelle Kulisse. Unser Tourziel vom letzten Bericht können wir heute mal von der anderen Seite bewundern.
Erwartungsgemäß sind in den ersten Abfahrtsmetern nur einige wenige Passagen fahrbar, aber schon ein paar gemeisterte schwierige Stellen entlohnen dann irgendwie doch für die Extra-Schlepperei.
Ab Ende der Seilversicherung beginnt der Spaß dann richtig. Ein z.T. extrem verblocktes Gelände fordert uns und unserem Material alles ab. Die beste Passage des Tages ist ein Meer von riesigen Steinblöcken, durch das wir eine fahrbare (trialbare?) Linie entlang der Wegemarkierungen finden! Maschtl fährt sich hier einmal „fest“ und vollführt einen eleganten Bocksprung übern Lenker.
Wir haben für diese ersten ca. 200hm geschätzte 1,5h Stunden gebraucht! Filmen und Fotografieren kostet halt Zeit, aber es lohnt sich.
Im weiteren Verlauf wird der Weg etwas „flüssiger“, bleibt aber sehr spaßig. Nach Maschtls Stunteinlage im Blockfeld, lege ich nach: Ein superschöner weißer Quarzblock lädt Chris zum Bildermachen ein. Er sagt noch „mach irgendwas lustiges…“. Ich rolle auf den Stein und ziehe zum Wheelie hoch. Blöd wenn man just in diesem Moment keinen Druckpunkt an der Hinterradbremse findet… Arschlandung! 😉 Naja, wenigstens kann man mir nicht vorwerfen nichts „lustiges“ fabriziert zu haben und das senkrechte 90° Wheelie sieht auch spektakulär aus.
Den weiteren Weg bis zur Hütte fahren wir sehr flüssig (d.h. keine Bilder und Filme mehr), obwohl hier immer noch durchgehendes S3 Niveau angesagt ist. Eine Brotzeitpause an der Hütte fällt aus, zu lange Wartezeit aufs Essen. Jetzt gibt der Weg noch mal richtig Gas und schüttelt uns unsere Arme zu Brei. Immer wieder überlegen wir die Bikes zu schieben, um keinen Crash durch Übermüdung zu riskieren. Letztlich siegt aber doch bei allen die Lust die schwierigen Stellen zu knacken.
Endlich, die Forstpiste ist erreicht, wir habens geschafft. Ziemlich platt aber überglücklich fallen wir uns in die Arme ob dieser (mal wieder) sensationellen Tour.
Wenig später schon sitzen wir samt Maschtls Schwester Sonja und deren Freunden in einem griabigen Wirtshaus und verdrücken kohlenhydratreiche Kost. Prost!