Wir schreiben den 28. November 2006. In Osttirol wütet auf 2000 Metern Seehöhe ein Flächenbrand, in Nordtirol treiben schon seit 2 Wochen der Föhn und mehrere Warmfronten ihr Unwesen und verursachen Temperaturen, die Nightride Touren so angenehm wie im Frühsommer werden lassen. Klingt wie Science fiction, ist es beinahe auch.
Einerseits sehnen wir uns nun schon nach Schnee, andererseits will diese Wetterphase natürlich ausgekostet werden. Möglicherweise müssen wir uns an solche Wetterkapriolen schön langsam gewöhnen. Global warming at its best! Auf alle Fälle freut es uns, dass wir (Tom und ich) an diesem Dienstag endlich mal wieder Zeit für eine Tagestour finden, nachdem wir in den letzten Wochen ausschließlich nachts unterwegs waren (eine Zusammenfassung davon wird es übrigens auch noch irgendwann geben).
Einziger Wermutstropfen, sozusagen das fehlende i-Tüpfelchen, dass sich ausgerechnet heute der Himmel grau in grau präsentiert, nachdem es in den Tagen zuvor Kaiserwetter gab. Die Qualität einiger Fotos lässt also nicht gerade die Kinnlade des Betrachters fallen – leider. Trotzdem war’s ein Tag, wie wir ihn uns in unseren Bikerträumen wünschen – aber auch brutal anstrengend! Abends als ich mich nach einer Riesenportion Spaghetti eben auf die Couch geschleppt habe, zwingt mich das läutende Telefon nochmals aufzustehen. Mit letzter Kraft quäle ich mich zum Hörer. Ein ebenso müder Tom fragt mich, ob ich auch so fertig sei wie er. Na wenigstens also nicht nur ich! Immerhin waren es von Tür zu Tür dann doch 1600 HM, davon musste das Bike 600 HM geschultert und – dank Gazzaloddi Jr. Reifen und neuer digitaler SLR samt Zubehör im Rucksack – einige Kilos mehr als gewöhnlich hinaufgeschleppt werden. Mein Bike wiegt zur Zeit etwas über zwanzig und der Rucksack zwölf Kilo. Also nicht gerade zwei Fliegengewichte. Und noch dazu war der Trail ins Tal (insgesamt etwas über 1200 HM) bis auf zwei kurze, echt flowige Passagen ziemlich schwer: Einige seilgesicherte Stellen, viele Spitzkehren, hohe Stufen zum Teil auch schon recht ausgesetztes Gelände und alles in allem so steil, dass man kaum noch Change hat, stehen zu bleiben.
Ich sehe mich, gleich zu Beginn der Abfahrt, aufgrund von Müdigkeit und sich daraus ergebender Unsicherheit gezwungen, einige Höhenmeter talwärts zu schieben und nütze diese Zeit zum fotografieren. Es gibt halt dann und wann auch Tage, wo man nicht so gut drauf ist. Tom hingegen lässt die Sau raus! An diesem Tag läuft es ihm offenbar perfekt! Bis auf zwei oder drei wirklich unfahrbare (Kletter-)Stellen fährt er alles, kommt aber auch an seine Grenzen und wählt mehrmals den Notweg in die Latschen. Doch schon bald finde auch ich meinen Rhythmus. Es gelingt mir, mich auf den Trail zu konzentrieren und so vernichten wir Höhenmeter für Höhenmeter bis ins Tal.
Die Lernkurve zeigt bei solchen Abfahrten natürlich sofort nach oben und es hat uns auch, trotz der Schwierigkeiten, unglaublich Spaß gemacht. Nur so wird man besser, sind wir uns einig. Am Ende dieses – um die Jahreszeit – schon sehr kurzen Tages, werden wir noch mit dem Sonnenuntergang des Jahres belohnt. Es scheint, als ob die Berge brennen würden! Hierbei werden dann doch noch ein paar ganz gute Fotos geknipst. Unglaublich, dass an einem 28. November von der Haustüre aus, in Innsbruck bzw. Innsbruck Umgebung, noch so eine Tour gefahren werden konnte!